Gemeinderatswahl 2014 in Ulm (3)

Dr.Kienle2

Greisenpower

Gegenwärtig liegt das Durchschnittsalter der CDU-Gemeinderatsfraktion in Ulm bei 60 Jahren. Die aktivsten Fraktionsmitglieder sind ein Augenarzt a.D. (70), ein Rektor a.D. (78) und ein Ingenieur a.D. und Kreisjägermeister honoris causa (81). Der Versuch, die Fraktion zu verjüngen, schlug fehl: zwei 2009 gewählte Kandidaten, die unter 30 sind, wollen in Ulm keine Kommunalpolitik mehr machen.

Der Youngster in der Rentnermannschaft der Rathausfraktion ist deshalb mit beinahe 50 Jahren Rechtsanwalt Dr. Thomas Kienle. Er leidet unter Überlastung. Politisches Ehrenamt ist schwer mit dem Beruf zu vereinbaren. Da kommt es schon mal vor, dass Herr Dr. Kienle mehrere Sitzungen in einem Ausschuss des Gemeinderates zubringt, dem er gar nicht angehört.

Andererseits ist Kienles Horizont nicht aufs Lokale verengt. Erst jüngst schimpfte er auf das Urteil des Verwaltungsgerichts, das die Aberkennung von Schavans Doktortitel durch die Universität Düsseldorf für rechtens erklärte hatte. Dr. Kienle meinte, dass in NRW politische Justiz praktiziert werde. Wir vom DF rieben uns verwundert die Augen: So radikale Kritik an der deutschen Justiz haben wir seit der Studentenrevolte 1968 nicht mehr vernommen, und dies aus dem berufenen Mund eines Rechtsanwaltes, der Mitglied der CDU ist.

Die Ulmer CDU hat Glaubwürdigkeitsprobleme. Sie vergreist und der Nachwuchs fehlt. Außerdem muss sie Personal für wichtige Ämter importieren. Ja, wo gibt es denn so etwas?

Annette Schavan kam 2005 nach Ulm und ließ sich in den Bundestag wählen. Sie glauben nicht, verehrte Leser, wie sehr Stadt, Umgebung und Menschen Frau Schavan in dieser Zeit ans Herz gewachsen sind! Deshalb kandidierte sie im September letzten Jahres wieder für ihre Ulmer, wurde gewählt – und legt jetzt das Mandat nieder, weil ihr durch Berliner Vettern das Pöstchen des Botschafters beim Vatikan in Rom verschafft wurde. Deutlicher kann man dem Wähler nicht sagen, wie gering man ihn schätzt.

Während die Greisenpower im Ulmer Gemeinderat sich leidenschaftlich Nebensächlichem zuwendet und das Wesentliche übersieht oder zumindest in der Öffentlichkeit nicht darüber spricht, steht der kommende Mann der CDU im Hintergrund bereit. Gunter Czisch, 51 Jahre alt, seit 14 Jahren Finanzbürgermeister, wird in wenigen Jahren, wenn Ivo Gönner altershalber gegen seinen Willen aus dem Rathaus entfernt werden muss, im Chefsessel Platz nehmen. Czisch ziert sich verschämt, wenn er nach seinen politischen Absichten gefragt wird. Aber die Spatzen pfeifen es von allen Dächern: er wird OB-Kandidat. Konkurrenz aus der eigenen oder einer anderen Partei muss er nicht fürchten – weit und breit nur blasse Gestalten, soweit das Auge reicht, und betagte Rentner, die zur Freude ihrer Angehörigen einer netten Freizeitbeschäftigung nachgehen, indem sie sich regelmäßig auf ein politisches Schwätzchen mit dem Herrn Oberbürgermeister im Rathaus treffen.

Dr.Kienle1

SCHAVAN1

Ulm, Hauptstadt der Donauregionen

Es ist eine Katastrophe. Eine Demütigung. Was sind da bloß für Ignoranten am Werk gewesen? Wer ist verantwortlich? Der Vorsitzende Professor Dr. Jan Bergmann ? Der gesamte Vorstand? Der Vorsitzende des Beirates, Europaminister Friedrich von der SPD?

Wie können die schlimmsten Folgen des verhängnisvollen Irrtums beseitigt werden? Welche Strafen müssen über die Verantwortlichen verhängt werden? Sollten dem gesamten Verein sämtliche finanziellen Zuschüsse des Landes Baden-Württemberg gestrichen werden?

Doch der Reihe nach.

Stellen Sie sich, verehrter Leser, unsere Empörung bei folgender Entdeckung vor: die neue Internetsite vom Europa-Zentrum zeigt eine Karte der Donau vom Ursprung bis zur Mündung. Wien, Bratislava, Budapest und Belgrad sind eingezeichnet , Ulm, die heimliche Hauptstadt der gesamten Donauregion wurde vergessen?

Karte-Donauregion

(Quelle: Europa-Zentrum. Zur Vergrößerung auf die Karte klicken.)

Das überparteiliche “Europa Zentrum Baden-Württemberg – Institut und Akademie für Europafragen” möchte eigenem Bekunden nach über die Politik der EU im Donauraum informieren: „ Sie erhalten erste Überblicke über die Donauraumstrategie und konkrete Hinweise und Tipps zu Projekten, Veranstaltungen, Literatur und vielem anderen mehr“.

Überblicke? Steht da „Überblicke“? Wie zum Teufel können Überblicke über die Strategie im Donauraum gegeben werden, ohne die Erfinderin der Donaupolitik auf einer Karte einzuzeichnen?

Unserer Empörung und unserer Wut verliehen der Journalist Hans-Uli Mayer und der Ulmer CDU-Mann Dr. Thomas Kienle Ausdruck. Couragiert traten sie für die Interessen Ulms ein:

Dr. Kienle beschwerte sich in einem Brief an Oberbürgermeister Gönner über die schlechte Behandlung der ehemals freien Reichsstadt Ulm. Findig wies er darauf hin , dass der Verein mit dem Geld aus Baden-Württemberg „das Geschäft anderer Donauregionen“ , so z.B. Österreichs, betreibe.

Dr. Kienle, der für seine zurückhaltende Art bei der Arbeit im Ulmer Gemeinderat bekannt ist und gelegentlich sogar an Sitzungen von Ausschüssen teilnimmt (und dort abstimmt), denen er gar nicht angehört, forderte entschlossen:

Herr Gönner, sorgen Sie in Stuttgart sofort für Abhilfe! Zwingen Sie die Landesregierung und den Europa-Zentrum-Verein dazu, Ulm auf der Europakarte einzuzeichnen! Kein Werbegeld für Österreich, Ungarn, Serbien und andere Länder der Donauregionen!

Richtig, Herr Dr. Kienle. Wo kommen wir hin, wenn wir unser gutes schwäbisches Geld im Rahmen der Donaustrategie für andere europäische Länder ausgeben! Herr Dr. Kienle weiß, wann und wofür man sich in der Politik einsetzen muss.

Was aber wäre die richtige politische Idee ohne den Mann von der Presse, der mit Sachverstand und Augenmaß, die Ideen in die Öffentlichkeit transportiert?

Unter der Überschrift „Für Stuttgart beginnt die Donau in Linz“ (SWP 4.5.2013) griff Hans-Uli Mayer das Thema auf und machte es – nicht zuletzt durch seine brillante Sprache zu einem Sujets, das unter Ulmern auf größtes Interesse stieß. Welchem anderen Journalisten könnten Bilder von so mächtiger Ausdruckskraft einfallen: „Während der Rhein symbolisch für die Gründungsphase der EU steht, ist die Donau deren Erweiterungsfluss“. „Erweiterungsfluss“ – ist das nicht ein wunderbarer und unvergleichlicher Ausdruck?

Der DF hofft, dass nun alles auf bestem Wege ist und die Donauperle Ulm rasch wieder zu der Stellung und dem Ansehen kommen wird, das ihr gebührt. Notfalls müssten noch zwei einflussreiche Herren zur Unterstützung gewonnen werden: EU-Kommissar Günther Oettinger und der Donaustratege und Leiter der EU-Tauchakademie Peter Langer.

Die Theodor-Heuss-Stiftung sollte prüfen, ob die Herren Dr.Thomas Kienle, Stadtrat in Ulm, und Hans-Uli Mayer, Lokalredakteur bei der Südwest Presse Ulm, wegen ihres vorbildlichen politischen Engagements nicht geeignete Kandidaten für den nächsten Theodor-Heuss-Preis sind.