Ulms amerikanische Staatsanleihen

…oder: Nieten im Ulmer Rathaus

Es gibt unter den Oberbürgermeistern im Ulmer Rathaus seit dem 19. Jahrhundert außer Friedrich Foerster, der von 1933 – 1945 Stadtoberhaupt war, keinen, der Ulm einen so großen Schaden zugefügt hat wie Ivo Gönner (SPD), der seit 1991 die Stadt regiert.

Unter Mitwirkung des Finanzbürgermeisters Gunter Czisch (CDU), des damaligen kaufmännischen Betriebsleiters der Entsorgungsbetriebe der Stadt Ulm (EBU) Johannes Stolz, ermuntert und geleitet von diversen externen Beratern, verleaste (vermietete) Gönner 2003 das Ulmer Kanalnetz an die amerikanische Bank Pittsburgh National Corporation (PNC). Schon damals war (auch in Ulm) bekannt, dass diese Bank in den USA in kriminelle Machenschaften verstrickt ist.

Ulm brauchte für das Leasinggeschäft mit der PNC einen Bürgen. Diese Aufgabe übernahm der amerikanische Versicherungskonzern AIG. Durch einen legalen Betrug am amerikanischen Staat kassierte PNC durch die „Auslandsinvestition“ Millionen und trat 8,2 Millionen Euro an Ulm ab. Gönner, Czisch, Stolz und 24 Einfaltspinsel aus dem Gemeinderat, die das Geschäft gebilligt hatten, feierten ihr „rentables“ CBL-Geschäft.

2004 unterband der amerikanische Staat die sittenwidrigen Steuervorteile für CBL-Geschäfte. 2008 stand der Versicherungskonzern AIG vor der Pleite und „musste“ durch Unsummen an staatlichen Geldern gerettet werden. Die Folge: Ratingagenturen bewerteten den Konzern negativ. Deshalb konnte AIG gemäß dem Vertrag zwischen Ulm und PNC nicht mehr als Bürge fungieren.

Ulm trennte sich von AIG, kaufte für 37 Millionen Dollar amerikanische Staatsanleihen, die jetzt als Sicherheiten für das CBL-Geschäft dienen, und verlor bei diesen Transaktionen über acht Millionen Euro.

Darüber wurde in Ulm nicht viel geredet und geschrieben. Es herrschte höchste Pflicht zur Geheimhaltung. Der Ulmer CBL-Vertrag mit PNC gebiete Verschwiegenheit, sagten Gönner und Co, Seit Jahren verhindert dieser OB, dass Ulmer Bürger über das verantwortungslose und verlustreiche Geschäft informiert werden, durch das die Stadt ihr Kanalsystem bis zum Jahr 2102 verloren hat.

Patrick Biagosch von der Kanzlei Clifford Chance riet Ulm 2003 dazu, das CBL-Geschäft abzuschließen. 2008 beriet er die Investitionsspezialisten Gönner und Czisch, wie man aus dem CBL-Deal aussteigen könne. Ausgestiegen ist Ulm aber nicht. Geschätzte Kosten von 30 Millionen Euro haben das wohl verhindert.

Nun sitzt Ulm also auf amerikanischen Staatsanleihen in Höhe von 37 Millionen Dollar. Erstmals in der Geschichte der Vereinigten Staaten wurde vor zwei Tagen durch die Rating-Agentur Standards & Poor die Bonität des amerikanischen Staates von AAA auf AA+ herabgestuft und eine weitere Herabstufung für den Fall angekündigt, dass die amerikanische Regierung nicht energische Sparmaßnahmen ergreife, um ihre Staatsverschuldung von 14.000.000.000.000 US- Dollar ( 14 Billionen ) abzubauen.

Für Ulm bedeutet das nichts Gutes: Da Staatsanleihen genauso wie Aktien an Börsen gehandelt werden, werden die durch die Stadt investierten 37 Millionen stark an Wert verlieren. Im Extremfall sind diese Staatsanleihen in wenigen Jahrzehnten, also noch vor das Kanalnetz wieder in freie Ulmer Verfügung übergehen wird, so viel Wert wie griechische, irische, portugiesische, spanische oder italienische Staatsanleihen im Jahr 2011.

Merke:

Politiker wie Gönner, die Ulm 2003 in einen derartigen Schlamassel gebracht haben durch ihre Profitgier, Unfähigkeit und Unkenntnis, wollen den Bürgern im Jahr 2011 allen Ernstes weismachen, sie könnten beurteilen, ob die Tieferlegung des Stuttgarter Hauptbahnhofes (Stuttgart 21) ein finanzierbares und solide gerechnetes Großprojekt ist.

Wer so versagt hat wie Ivo Gönner und Ulm Verluste eingebrockt hat, an denen die Stadt noch lange nach seinem Ausscheiden aus dem Amt im Jahr 2015 zur tragen haben wird, wäre gut beraten, in allen Angelegenheiten zu schweigen, wo viel Geld auf dem Spiel steht.

Wer mehr über Ulms CBL-Geschäfte wissen möchte:

Steuerbetrug durch die Stadt Ulm? / 29.11.2008

Ulms Verluste aus dem CBL-Geschäft / 18.12.2008

Ulms verlustreiches CBL-Geschäft /16.7.2009

22 Gedanken zu “Ulms amerikanische Staatsanleihen

  1. Nieten in Nadelstreifen!
    Im Extremfall sind diese Staatsanleihen in wenigen Jahrzehnten, also noch vor das Kanalnetz wieder in Ulmer Verfügung übergehen wird, so viel Wert wie griechische …
    Vielleicht wartet Euer Schuldengigant gerade auf diesen Augenblick und denkt dies sei der richtige Zeitpunkt für eine Rückabwicklung?

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      • Mal ganz deutlich gesagt: ein OB kann doch als Einzelner nicht tun und lassen wie s ihm gefällt.
        Wo bleibt denn der restliche Stadtrat?
        Um derlei Geschäfte abzuwickeln braucht es doch eine Mehrheit die zustimmt. Oder läuft das in Ulm anders?

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      • Ich danke Dir, Globe, für Deine wichtigen Einwände.

        Leider ist es heute oft so, dass auch in Städten über komplizierte Pläne entschieden werden muss. Ob eine Straße gebaut, eine Schule saniert, neue Baugebiete ausgewiesen werden sollen, können gewählte Stadträte gut entscheiden.

        Ob und zu welchen Bedingungen ein städtisches Freizeitbad einem privaten Investor überlassen wird, die Müllverbrennungsanlage einer Stadt an eine amerikanische Bank verleast wird, überfordert viele Stadträte.

        Der Vertrag über Ulms CBL-Geschäft liegt nur auf Englisch vor und ist mehr als 1000 Seiten lang.

        Deshalb sind viele Räte bei ihrer Entscheidung darauf angewiesen, was ihnen die Verwaltung und der OB sagen.

        Gönner hat einen externen Berater (Patrick Biagosch) nach Ulm geholt und der empfahl den Räten 2003, dem Geschäft zuzustimmen, da es risikolos sei. 2008 hat derselbe Berater Gönner und Czisch beraten, wie man aus dem CBL-Vertrag aussteigen könnte.

        Am 26.5.2003 stimmten von 40 Ulmer Stadträten 24 für das CBL-Geschäft.

        Und obwohl der CBL-Vertrag Ulms eindeutig gegen die Gemeindeordnung Baden-Württembergs verstößt, hatte die Aufsichtsbehörde (Regierungspräsidium in Tübingen) keine Einwände.

        Solche Abläufe entsprechen nicht meinen Vorstellungen von Demokratie.

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      • Ein Kanalnetz, das über Beiträge und Gebühren finanziert wird, darf in Baden-Württemberg nicht vermietet werden, um außerordentliche Einkünfte zu erzielen (GO & Satzung zur Abwasserbeseitigung)

        Wer 2003 im RegPräs. Tübingen geschlafen hat, weiss ich nicht. Aber der Fall zeigt, was hier alles – trotz Rechtsstaat und Demokratie – schiefläuft.

        Wenn dann die Rechnungen für Fehlentscheidungen von Politikern oder Aufsichtsbehörden eintreffen, will keiner verantwortlich sein.

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  2. „Man kennt sich und tut sich Gutes!“
    oder
    „Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus!“
    Seinesgleichen schont man; Unter Berufskollegen / gleich Gesinnten hält man zusammen.
    So ist wohl das Verhältnis zwischen der Stadt Ulm und dem
    RP Tübingen.
    Da haben wir, wo sich Fuchs und Has Gute Nacht sagen noch
    Glück gehabt, wir verteidigen tapfer Platz 6 der BW-Schuldnerliste mit – 25oo Euro pro EW, aber unser Unter-OB war schlicht und einfach unterfordert mit einem solchen Deal, deshalb blieb uns Platz eins erspart.
    Na, dann Prost liebe Stammtischrunde

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